Übersicht über die Strömungsformen
Welche Strömungsform im Raum geeignet ist hängt maßgeblich von den Nutzeranforderungen und den baulichen Verhältnissen im Raum ab. Grundsätzlich unterscheidet man drei Strömungsformen: Verdrängungslüftung, Mischlüftung und Quelllüftung. Abbildung 1 zeigt Prinzipskizzen der Lüftunsgarten.



Abbildung 1: Übersicht der Luftführungsarten [1]
Verdrängungslüftung
Bei der Verdrängungslüftung wird die Zuluft großflächig und gleichmäßig über eine Eintrittsfläche in den Raum eingebracht. Durch die gerichtete Luftströmung wird die Raumluft zunehmend verdrängt und auf der gegenüberliegenden Seite abgesaugt. Das Grundprinzip dieser Lüftungsform stellt somit die Verdrängung der Raumluft durch die Zuluft dar. Mit dieser Strömungsform ist es möglich, Raumbereiche kontaminationsfrei zu halten.
Die Strömung kann durch Wärmequellen oder geometrische Hindernisse leicht gestört werden. Beispielhaft zeigt Abbildung 2 den Störeinfluss einer beheizten Platte bei unterschiedlichen Anströmgeschwindigkeiten von oben. Dominieren die Kräfte der natürlichen gegenüber jenen der erzwungenen Strömung, wird die Strömung instabil. Produkt- und Personenschutz sind gefährdet.

Bei Belüftung von oben nach unten wird die Zuluft in der Praxis mit Geschwindigkeiten von rund 0,25 bis 0,5 m/s in den Raum eingebracht, um die Strömung stabil zu halten. Bei einem 3 m hohen Raum wird die Luft alle 6 bis 12 s ausgetauscht (300 bis 600 mal pro Stunde). Ensprechend hoch ist der Energiebedarf für den Betrieb der Anlage. Mehr über die Strömungsstabilität und Möglichkeiten der Energieeinsparung ist im Beitrag „Welche Zuluftgeschwindigkeit bei TAV“ und der Dissertationsschrift von Valeria Hofer zu lesen.
Diese Strömungsform kommt vorwiegend in Reinräumen geringer ISO-Klassen und Operationssälen vom Typ 1a zum Einsatz.
Quelllüftung
Die Quelllüftung stellt eine Sonderform der Verdrängungslüftung von unten dar. Hierbei wird die Zuluft impulsarm im Bodenbereich in den Raum eingebracht und weist eine geringe Untertemperatur zur Raumluft auf. Im Bodenbereich entsteht ein Frischluftsee aus kühler Zuluft. Stellt man eine Wärmequelle in den Raum, stellt sich ein Auftriebsvolumenstrom aufgrund der eintretenden freien Konvektion ein. Der Frischluftsee reicht bis zu jener Höhe, in der der Auftriebsvolumenstrom an der Wärmequelle dem Zuluftvolumenstrom entspricht. Oberhalb bildet sich eine Mischlüftung aus. Im Deckenbereich wird die Luft abgesaugt.
Die natürliche Konvektionsströmung an Wärmequellen sorgt damit für eine effektive Last- und Schadstoffabfuhr. Abbildung 3 zeigt die Schichtung und Verteilung des Raumbelastungsgrades µ (siehe Gleichung (1)) bei Quellüftung, im Vergleich zur Mischlüftung. Der Raumbelastungsgrad stellt die Konzentration an einem Punkt im Raum c_{p} mit der Abluftkonzentration c_{e} ins Verhältnis, jeweils bezogen auf die Zuluftkonzentration c_{s}.
\mu=\frac{c_{p}-c_{s}}{c_{e}-c_{s}} (1)


Abbildung 2: Strömungsbilder und Verteilung des Raumbelastungsgrades µ bei Quelllüftung (links) und Mischlüftung (rechts) [1]
Mischlüftung
Bei der Mischlüftung wird die Zuluft mit einem hohen Eintrittsimpuls in den Raum eingebracht. Raumluft wird induziert und es stellt sich eine rasche Vermischung der Zuluft mit der Raumluft ein. Das Grundprinzip dieser Lüftungsform stellt die Verdünnung der Raumluft mit Frischluft dar. Befinden sich viele Wärmequellen im Raum, muss die Luftgeschwindigkeit und Turbulenz im Raum groß sein, um eine effektive Vermischung der Luft zu gewährleisten.
Abbildung 3 stellt die vertikalen Profile der Luftttemperatur, Geschwindigkeit und Stoffbelastung bei Misch- und Quelllüftung gegenüber. Bei der Mischlüftung treten große dynamische Kräfte im Raum auf, die zu einer hohen Induktion der Raumluft führen. Charakteristisch hierfür ist ein annähernd vertikales Profil von Temperatur und Schadstoffkonzentration.
Bei der Quelllüftung hingegen nimmt die Lufttemperatur vom bodennahen Bereich bis hin zur Decke zu. Bei der Stoffbelastung wird die Bildung eines Frischluftsees und einer Mischluftschicht deutlich.

Gegenüberstellung
Abbildung 4 zeigt Grenzen der abführbaren Kühllastdichte in Abhängigkeit der Volumenstromdichte für unterschiedliche Strömungsformen. Tabelle 1 stellt die Strömungsformen einander gegenüber.

Tabelle 1: Matrix verschiedener Strömungsformen [3]
Raumluftströmung | Turbulenzarme Verdrängungsströmung | Schichtenströmung | Turbulente Mischströmung |
---|---|---|---|
Zulufteinbringung | großflächig über Filterdecke oder Lüftungsboden | örtlich begrenzt über Schichtluftdurchlässe (Boden) | diffus: Draller, Schlitze linear: Schlitze, Gitter |
Zuluftgeschwindigkeit | gering (0,2 … 0,45 m/s) | gering (0,15 … 0,45 m/s) | mittel – hoch (1,5 … 5 m/s) |
spez. Luftvolumenströme | sehr hoch (700 … 1600 m³/(h m²)) | Komfortbereich: mittel (6 … 25 m³/(h m²)) Industriebereich: hoch (20 … 200 m³/(h m²)) | Komfortbereich: diffus: mittel (6 … 25 m³/(h m²)) linear: gering – mittel (6 … 20 m³/(h m²)) |
max. Zuluftuntertemperaturen | gering (2 … 4 K) | gering (2 … 5 K zur Zuluftschicht) | diffus: groß (2 … 10 (12) K) linear: mittel (2 … 6 (8) K) |
Querkontamination | sehr gering | gering (Zuluftschicht) | groß |
Temperaturanstieg über die Raumhöhe | sehr gering – gering | Zuluftschicht: gering Raumhöhe: groß | sehr gering – gering |
Lüftungswirksamkeit \varepsilon^c=\frac{c_{e}-c_{s}}{\overline{c}-c_{s}} | sehr gut: > 5 | sehr gut: 1,5 – 5 | mäßig: 0,9 – 1,1 |
Literatur
[1] H. Rietschel und K. Fitzner. Raumklimatechnik Band 2: Raumluft- und Raumkühltechnik. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, 2008. Isbn: 978-3-540-57011-0.
[2] Bildquelle: Prof. Dr.-Ing. Klaus Fitzner, Berlin.
[3] Recknagel, Sprenger, Schramek.Taschenbuch für Heizung und Klimatechnik. 79. Ausgabe. ITM InnoTech Medien, 2018. Isbn: 978-3961430789